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Schandmaul
25.04.2009, Orpheum, Graz 
 
Heimdall
Heimdall
(12 Live-Berichte)
Der langjährige Schandmaul-Fan und DarkScene-Reporter steht naturgemäß vor einem Dilemma. Ein Konzert des sympathischen Sextetts zu besuchen ist geradezu unvermeidlich, darüber Bericht zu erstatten ein dringendes Bedürfnis. Doch wie kann der seit Jahren beständig Verwöhnte seinem Eindruck Ausdruck verleihen, ohne sich in der 253. Lobhudelei selbst zu kopieren? Wie bringt er Farbe ins Farbige? - Die Lösung: er macht aus der Not eine Tugend, besucht mit seiner besseren Hälfte gleich zwei Konzerte und läßt den 1. SC Handmaul einfach gegen sich selbst antreten.



1. SC Handmaul (Arena Wien, 06.11.2008)
vs.
1. SC Handmaul (Orpheum Graz, 25.04.2009)


Die Vorspeise

Vor dem eigentlichen Hauptgericht gibt es als Vorspeise ein Duell zwischen den Los Working Class Heroes (Arena Wien) und Reincarnatus (Orpheum Graz). Nördlich des Semmerings sieht das so aus:

Die heldenhaften Revolutionäre der Arbeiterklasse besetzen symbolisch die Bretter, die die Welt bedeuten, und markieren ihre Arena mit einem Che-Guevara-Banner. Ohne Begrüßung, ja eigentlich überhaupt ohne allzu großes Engagement zum Dialog mit dem Publikum, legen die Jungs an den Instrumenten los und die Mädels schreien kampfeslustig ihre Schlachtgesänge in die Mikros. Da wird der Punk ordentlich gerockt und mit einer trotzigen Message massiert, dass es nur so kracht. Sehr engagiert und inhaltlich durchaus sympathisch, aber irgendwie wirkt das Ganze dann doch zu beleidigt, durch die mangelnde Interaktion schon fast arrogant. Wie eine aufgezwungene Revolution, zu deren Erwünschtheit das Volk gar nicht erst befragt wird. Im Gegensatz zu Che in Bolivien treten Los Working Class Heroes schließlich den geordneten Rückzug ohne Verluste an. Der Funke springt nicht so recht über und der Sound ist auch mehr rauschend als berauschend. Na gut, wir sind schon mal aufgewärmt, das ist ja auch was.

Auf der anderen Seite, südlich des Semmerings, erfreut sich der Schandmaulfan weit lieblicherer Schonkost. Die reine Frauentruppe Reincarnatus aus Holland spielt an sich Mittelalter-Pop, an diesem Abend in Graz wird jedoch erfreulicherweise zünftig gerockt statt fade gepoppt! Die Mädels sind fesch, singen schön und machen angenehme Musik, weder auf- noch eindringlich. Zunächst können sie das Publikum kaum mitreißen, doch bis zum Ende taut die Halle ordentlich auf und rockt freudig mit. Die Show wirkt passabel, der Sound ist in Ordnung. Eine gelungene Einstimmung aufs Hauptgericht. Zwischenstand: 1:0 für Graz.

In der Umbaupause fallen in der Arena Wien das überaus junge Publikum und das fehlende Rauchverbot (oder hat man sich einfach nicht daran gehalten?) auf, während wir uns in Graz der besseren Atmosphäre und größeren Bewegungsfreiheit erfreuen dürfen. In Wien ist meine Freundin Tania noch ein wenig schüchtern, zumal es sich tatsächlich um ihr erstes Rockkonzert handelt. In Graz ist sie bereits in Hochform und erzählt den Mädels neben uns, sie sei extra aus Kolumbien angereist, um Schandmaul zu sehen! :-)

Das Hauptgericht

Endlich geht es ans Eingemachte. Gleich nach dem Anpfiff blasen die Herren und Frauen der Winde zum sympathischen Sturm auf die Bühne. Im Auftreten immer noch so natürlich wie die netten Nachbarn von nebenan, mit geradezu kindlicher Spielfreude und zugleich spürbarer Bühnenerfahrung werden Saiten, Felle, Drehleiern, allerlei Dudel- und Blasinstrumente sowie natürlich die Stimmbänder virtuos bedient. Anfangs erzielt Schandmaul drei flotte Treffer zum Aufheizen der Stimmung, danach folgt abwechslungsreiche Kost.

Zwischendurch lockert Thomas unsere lustverzerrten Gesichtsmuskeln mit seinen Ansagen auf. Genial in Graz: zunächst wird "Der Kurier" als sehr wichtiger Beruf am Hof vorgestellt, dann unterbricht er mittendrin einfach mal den Song und klärt uns richtig auf. Unzensiert. Am Stadtrand nämlich besitzt der Kurier ein 2-Zimmer-Apartment mit einer strengen SM-Kammer, und die Königin, "das geile Luder", testet einmal pro Woche seine Standfestigkeit. Verlockend! Nicht minder verlockend schmeichelt die neue Version vom "Teufelsweib" den Grazer Ohren, als Birgit dem bereits sehr peppig dargebotenen Publikumshit auch noch mit jazzigen Flötenklängen (!) die gewisse Habañero-Würze verleiht.

Während Schandmaul in Graz bereits auf die gesammelte Routine der "Anderswelt"-Tour zurückgreifen kann, wird beim früheren Konzert in Wien erst der nahende Ernstfall geprobt: dort steht das dreistündige 10-Jahres-Konzert in München noch unmittelbar bevor. Stefan, der bei jedem Konzert sehr verläßlich und engagiert die rhythmische Unterlage mitklopft, hat es bereits im Interview anklingen lassen: Um Kondition aufzubauen, wird einfach etwas länger als üblich gespielt! Insgesamt präsentiert sich die Band in Wien abwechslungsreicher. Auch Birgit bringt eine Anekdote über Thomas' dunkle Vergangenheit als Notenschreiber. Dieser gibt sich sportlich und demonstriert seine Fertigkeiten im Zielwurf von Mineralwasserflaschen - sehr zur Freude des erfrischten Publikums. Ansonsten macht er wie immer gute Figur als Kapitän des mit einem wundervoll-verträumten Intro verschönerten Geisterschiffs.

Gute Figur machen auch Birgit und Anna. Und hier muss einmal in aller Deutlichkeit betont werden, dass die beiden Damen einfach ganz große Klasse haben. Nicht nur künstlerisch - Birgit hält alle paar Augenblicke ein neues Instrument in ihren Händen und Anna verliert weder im Lichte des Sonnenstrahls noch beim letzten Tanz ihre Virtuosität -, sondern vor allem auch in ihrer natürlichen Weiblichkeit. Bildhübsch: ja. Bauchfrei: manchmal. Billig? Nicht die Spur! So kann der von grazilen Bewegungen auch optisch umschmeichelte Fan die beiden Damen bewundern, ohne jemals in klischeehafte Untiefen abzudriften. Ein wahrer Lichtblick im allgegenwärtig aufdringlichen Sumpf der überreizenden Ausverkaufs nackter Haut. Apropos Lichtblick: alle paar Sekunden erhellt ein freudiges Lächeln Birgits Antlitz, wenn sie beim fleißigen Blickkontakt ein bekanntes Gesicht im Publikum entdeckt. Das beruht in der Tat auf Beidseitigkeit!

Daneben, also meistens links und rechts außen, spielen Ducky und Matthias saitenweise die Spaßvögel und sind immer wieder für ein Tänzchen mit ihren Nachbarinnen zu haben. Matthias posiert in Graz stolz mit seiner neuen rote Mähne. Ducky ist in Graz zwischendurch mal nicht zu hören und läßt flugs sein Instrument austauschen. Dies ermöglicht nun endlich einen soliden Kritikpunkt: die Tonabmischung könnte besser sein! Weder Wien noch Graz können Graz (Orpheum, 19.04.2008) das Wasser reichen. Und schon damals habe ich - wohl etwas voreilig - über den nicht ganz optimalen Sound gemeckert. Allerdings stinkt auch besagter Präzedenzfall gegen die vortreffliche Abmischung von Tarja (Orpheum, 20.05.2008) ab. Wirklich schlecht ist der Klang jedoch bei keinem der Konzerte. Aber irgendwas muss man ja bemäkeln dürfen! ;-)

Das Konzert in Graz besteht aus einer individuell von den Fans per Abstimmung ermittelten Wunschliste. Schandmaul spielt im Jahr 2009 also reihenweise Wunschkonzerte und darf sich jedesmal auf neue lokal bevorzugte Raritäten einstellen! Die wenig bekannte Nummer "Die Melodie" wird als kleiner Bonus eingeschoben. "Frei" entwickelt sich zu einem der heftigsten Live-Kracher überhaupt. Am Ende des Konzertes stehen wie gewohnt zwei Zugabenblöcke. Die vorletzte Nummer in Graz, "Der Wandersmann", wird zum intimen Pannen-Duett zwischen Ducky und Thomas. Die beiden haben sich geschworen, diesen Song niemals zu üben, und müssen folglich improvisieren. Als Ducky sich zum ersten Mal verspielt, kann Thomas noch triumphieren. Das 2:0 verkündet er dann aber doch etwas voreilig, denn nicht Ducky hat sich verspielt, sondern Thomas hat sich versungen! Mit einem fairen Remis schreitet man der Schlussnummer entgegen. Und nun, ausgerechnet bei "Willst Du", sinkt der Kreislauf meiner Freundin ins Bodenlose. Wir gehen nach hinten zur Bar, wo frisches Mineralwasser ihre nahende Ohnmacht mit neu erweckten Lebensgeistern vertreibt. Zur letzten Strophe hissen wir schließlich gemeinsam die kolumbianische Flagge und wacheln bis zum Schlusspfiff farbenprächtig von hinten.

Was nun also das Hauptgericht betrifft, vermag der Gourmet kein klares Urteil zu fällen. In Graz wurde das Publikum mit 20 Wunschnummern + 3 Bandfavoriten verwöhnt. Da jedoch in Wien etwas länger gespielt und abwechslungsreicher gewitzelt wurde, geht der Punkt ganz knapp an die Mannschaft aus der Arena, und es steht somit 1:1 für den 1.SC Handmaul. Die Entscheidung fällt also in der Verlängerung.

Der Nachtisch

In der Arena Wien ist nach dem Konzert nicht viel los. Das Publikum steht an der Bar rum und trinkt noch eine Runde, bevor die Sperrstunde verkündet wird. Als nur noch die Hartgesottenen übrig sind, kommt schließlich auch die Band heraus und stellt fest, dass jetzt eigentlich gar nix mehr läuft. Wir plaudern noch ein bißchen und dann zieht sich die Mannschaft völlig unspektulär ins Abseits des Nightliners zurück.

In Graz kommen die Fans auf ihre liebgewonnenen Kosten. Es darf in rauchfreier Atmosphäre noch geraume Zeit getrunken & geplaudert & mit der netten Merchandising-Dame geschekert werden. Auch die Mädels von Reincarnatus verschönern handschriftlich ihre begehrten Silberlinge. Die geduldigen Schandmäuler signieren bis zur Sehnenscheidenentzündung alles (sogar Nippel ;-)) und posieren für zahlreiche Fotos. Unsere Freundin Lea erlöst Stefan gesprächstechnisch vor besonders hartnäckigen Fans. Die Stimmung bleibt bis über die Sperrstunde hinweg ausgelassen. Dieser Punkt geht ganz klar an Graz und der 1. SC Handmaul gewinnt somit gegen sich selbst knapp, aber verdient mit 2:1!

Das Fazit

Schandmaul hat sich eindeutig selbst übertroffen. :-)
Lediglich der Sound könnte noch in Richtung "alle Instrumente sind gleichermaßen hörbar" verbessert werden.

Da die Band im Jahr 2010 keine Konzerte spielen wird, um am neuen Langeisen zu feilen, empfiehlt sich zur Vorbeugung gegen die Einsamkeit noch schnell eine Reise ins deutsche Nachbarland, wo so manches Festival mit gar schändlichem Line-Up lockt. Im florierenden Schandmaul-Forum findet der geneigte Fan Zerstreuung unter Gleichgesinnten (auch die Band meldet sich dort gern zu Wort). Und auch der Erwerb der umfangreichen Live-DVD vom 10-Jahres-Konzert in München (zum Review von Tom) ist angesichts der immanenten Währungsabstürze eine sinnvolle Investition in garantiert gute Laune. Aber Werbung würden wir hier wirklich niemals nie keine machen, nein also wirklich keineswegs nicht! (Oder etwa nicht?)

Mit dieser Aufstellung wurde in Graz gespielt:

1. Herren der Winde
2. Die Melodie (Überraschung der Band)
3. Leb!
4. Augen auf!
5. Trinklied
6. Denk an mich
7. Der Kurier
8. Hofnarr
9. Geisterschiff
10. Das Duell
11. Anderswelt
12. Verbotener Kuss
13. Teufelsweib
14. Frei
15. Der letzte Tanz
16. Krieger
17. Vogelfrei
18. Walpurgisnacht (Platz 1 des Votings)
19. Dein Anblick
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20. Sturmnacht
21. Sonnenstrahl
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22. Wandersmann
23. Willst Du

--> Reincarnatus
--> Schandmaul
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