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8.5
Freischwimmen statt einigeln. Liebe statt Angst. Risiko statt Komfort. Riverside im Jahre 2015 heißt: aufbrechen zu ganz neuen Ufern, ohne seine eigene Geschichte zu vertuschen. Hier gehen vier versierte und international schon lange angesehene Musiker noch ein Stück weiter als man es erwarten durfte – wer das Prädikat „progressiv“ nicht ausschließlich mit Technik und Geschwindigkeit assoziiert, sondern vordergründig die jeweilige Metamorphose erkennt und bejaht, wird es auch nachvollziehen können, wann seine Kapelle den umgekehrten Weg beschreitet. Soll im Falle Riverside nichts anderes heißen, als dass auf Nötigste reduziert mit viel bedächtigeren Klängen ein neues Terrain betreten wurde.
Überspitzt formuliert: Stromgitarren waren gestern, stattdessen gibt es mehr raumerfüllende Synthesizer-Sounds und einen konstant streichelnden Akustikreigen, der ab und an zu Pink Floyd schielt. Ja, selbstverständlich ist das soft, meinetwegen beschimpft dies auch als Pop! Dennoch muss ich den imaginären Hut vor dieser außergewöhnlichen Polen-Truppe ziehen, weil die Songs einfach nur umwerfend arrangiert wurden und gleichzeitig dafür prädestiniert sind, unglaubliche Emotionen freizusetzen. Die Frage der möglichen Halbwertszeit erübrigt sich somit, handelt es sich ja um ein luftig-prickelndes Kopfkino für Anti-Fastfood-Konsumenten. Und ja: die dezenten Jazz- und Funk-Elemente wurden komplett eliminiert, Folk-hafte Melodien und eingängige Phrasierungen wie im Opener "Lost (Why Should I Be Frightened By A Hat)" zieren "Love, Fear And The Timemachine" dafür umso großflächiger. Da überrascht es dann auch nimmer, dass "Discard Your Fear" wegen seines markanten Basslaufes den The Cure Klassiker "Fascination Street" heraufbeschwört. Sicher, Mariusz Duda's Organ kennt man aus tausenden Sängern heraus, aber in welch ergreifender Art dieser Mann den zehn Tracks seinen Stempel aufdrückt, ist nur mehr atemraubend. Speziell gilt dies für das blumige "Towards The Blue Horizon", wo es den Anschein hat, als müsste er es dem auf Solopfad wandelnden Steven Wilson von Porcupine Tree gleichtun. Quasi Singer/Songwriter Flair, was ebenso auf das drauf folgende "Time Machine" zutrifft, wird der Hörer gar von einer reinen Akustiknummer umschmeichelt, die herzerwärmender kaum sein könnte. Müsste ich ein persönlichen Favoriten herauspflücken, wäre es wohl das sich langsam anpirschende, Demut zeugende "Caterpillar And The Barbed Wire" - für jene Atmosphäre gibt es keine vernünftigen Worte. Tatsächlich ist es Riverside auf "Love, Fear And The Timemachine" wieder einmal gelungen, keinen einzigen, auch nur leicht abfallenden Song zu verpflanzen. Eine kompositorische Meisterleistung, die ihres gleichen sucht, wenngleich "Saturate Me" einen recht auffälligen Dream Theater Anstrich erhalten hat. Soviel steht fest: mit dieser fragilen und ästhetischen Wundertüte werden Riverside einen Satz nach vorne machen und sich am Jahresende einen Fixplatz innerhalb meiner Top-Ten-Liste sichern - aber amtlich! Trackliste
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